Haben Sie Ihre Gestaltung mit den Kindern getestet? Und wie reagierten diese?
Ich hatte schon gewisse Sorgen, ob es den Kindern leicht fallen würde, die Formen durch das Berühren zu erkennen, aber die tacTiles fanden großen Anklang. Die Kinder hielten die Plättchen gerne in den Händen, jeder Buchstabe wurde für sie zu einem kleinen Rätsel und dann, wenn sie die richtige Lösung gefunden hatten, freuten sie sich riesig. Plötzlich entstand wie aus dem Nichts eine neue gemeinsame Aktivität, denn die Kinder konnten nicht nur ihre Fertigkeit zu fühlen und zu kombinieren verfeinern, sondern übten auch die Buchstaben des Braille-Alphabets.
Hat Ihre Arbeit an diesem Projekt Ihre Haltung, Ihren Blick auf Dinge verändert?
Ich habe ungeheuer viel bei dieser Arbeit gelernt. Der gesamte Gestaltungsprozess verlief ganz anders, da der »Auftraggeber« hier visuelle Inhalte nur durch das somatosensorische System verarbeiten kann. Daher musste ich in die Rolle einer Designerin (und nicht einer Grafikdesignerin) schlüpfen, bei der noch mehr Punkte zu beachten waren.
TacTiles war Ihr MA-Abschlussprojekt. Warum haben Sie dieses Thema gewählt?
Es war das erste Mal, dass ich mich mit so einem Thema befasst habe. Am Anfang hätte ich nie gedacht, dass sich meine Abschlussarbeit so sehr um ein soziales Thema drehen würde, einfach weil ich keine einschlägigen Erfahrungen auf diesem Gebiet hatte. Ich begann damit, über das Wesen des Grafikdesigns als Genre nachzudenken und darüber, wie ich für Menschen entwerfen könnte, die visuelle Inhalte nicht verarbeiten können – als Grafikdesigner, der ausschließlich visuelle Inhalte erstellt.
Ich habe mich schon immer für Grafikdesignprodukte interessiert, die nicht nur die Augen ansprechen, sondern sich nicht nur auf die Ebene eines Bildschirms oder eines Blattes Papier beschränken, sondern sich auch in den dreidimensionalen Raum ausdehnen und auch andere Arten der Wahrnehmung beinhalten. In meiner Diplomarbeit habe ich versucht, etwas in diese Richtung zu bringen, aber parallel dazu habe ich darüber nachgedacht, ob es möglich ist, etwas mehr hinzuzufügen und ob es einem größeren Zweck dienen könnte. Auf diese Weise bin ich mit Blindheit in Kontakt gekommen, und schon in der Anfangsphase meiner Arbeit wurde mir klar, dass ich blinde Menschen als Zielgruppe auswählen und so eine Gruppe von Menschen ansprechen wollte, die unsere Welt mit dem verstehen Hilfe dieser sehr sekundären Modi der sensorischen Verarbeitung.